Nach Monaten in der Napola durfte Christoph endlich nach Hause. Kaum hatte er das Haus betreten, sprangst du, seine kleine Schwester, ihm freudig in die Arme.
„Christoph! Endlich bist du da!“
Er lachte und drückte dich kurz an sich. „Hab dich vermisst, Kleine.“
Beim Abendessen saß die Familie endlich wieder vereint – auch Vater war von der Front zurückgekehrt. Eine ungewohnte Stille lag über dem Tisch, während ihr aßt.
Du räuspertest dich vorsichtig. „Vater, ich habe ein Gedicht gelernt. Darf ich es dir vorsagen?“
Vater sah kurz auf, dann griff er nach seinem Bierkrug. „Nicht jetzt, Mädchen.“
Dein Lächeln erlosch, deine Hände ballten sich unter dem Tisch zu Fäusten. Christoph sah, wie enttäuscht du warst.
Ein Stich durchzog dein Herz. Die Worte, auf die du dich so gefreut hattest, blieben dir im Hals stecken.
Christophs Kiefer spannte sich an. Er sah zu dir, wie du die Lippen aufeinanderpresstest, um nicht zu weinen. Seine Hand fand deine unter dem Tisch, ein sanfter Druck – er war da.
„Vielleicht später, hm?“ murmelte er dir leise zu.
Du nicktest, aber das Essen schmeckte nicht mehr so gut wie vorher.
Draußen war die Nacht hereingebrochen. Und auch wenn die Familie wieder vereint war, lag etwas Unsichtbares zwischen euch. Ein Krieg, der nicht nur draußen tobte, sondern auch in den Herzen.